Für Themen brennen, Hierarchie durch Beziehungen ersetzen.
Müssen Führungskräfte echte Alphatiere sein, um ein Unternehmen erfolgreich zu führen? Der autoritär geprägten Führungskultur bei VW geben aktuell viele eine Mitschuld an der Abgasaffäre. Hegemonialer Anspruch bewirkt Angst und insbesondere Unehrlichkeit. Für einen anderen, neuen Führungsstil heimsen der neue BMW-CEO Harald Krüger und Führungspersönlichkeiten seiner Generation derzeit Lob ein. Doch gleichzeitig werden in der Öffentlichkeit Zweifel laut: Ist jemand wie Harald Krüger durchsetzungsfähig genug? Kann er dem Unternehmen die Richtung vorgeben und es auf den Weg in die Zukunft mitnehmen?
Eigentlich wissen wir mittlerweile sehr gut, dass nicht Status und Funktionsmacht Führungskräfte erfolgreich machen. Das hat unter anderem Jim Collins in einer Langzeituntersuchung und in seinem Buch »From Good to Great« nachgewiesen. Langfristig überdurchschnittlich wachsende Unternehmen sind vielmehr von Führungspersönlichkeiten mit zwei zentralen Eigenschaften geprägt: Persönliche Bescheidenheit und professionellem Willen.
Für die Praxis bedeutet das: Führung geht auch anders als klassisch-autoritär. Alternativen sind nicht nur möglich, sondern in der digitalisierten, internationalen und flexiblen Wirtschaft von heute dringend notwendig, wie der Fall VW überdeutlich zeigt. Wer mit einem solchen Führungsstil Erfolg haben will, sollte vor allem zwei Schwerpunkte setzen, um sich die Akzeptanz, Anerkennung und Gefolgschaft der Mitarbeiter zu sichern:
- Agenda Setting: Statt sich über ihren Status zu definieren und durchzusetzen, müssen Führungskräfte der neuen Generation inhaltliche Substanz in die Organisation bringen. Vertrauen entsteht über Integrität und Zutrauen. Zutrauen beruht auf Kompetenz und hier gilt: Irgendwann muss die Führungskraft »liefern« – das geht nicht ohne Inhalt – und auf Dauer setzt sich inhaltliche Substanz durch. Am besten können dies »Überzeugungstäter«, die für ihr Thema brennen, dieses kennen und beherrschen und diese Begeisterung auch den Mitarbeitern vermitteln können – statt Unternehmenspolitik zu betreiben und Insignien der Macht in den Vordergrund zu stellen.
- Beziehung stiften: Wer nicht hierarchisch »durchregieren« will, muss Mitarbeiter gewinnen, begeistern und Gefolgschaft erzeugen. Das geht nur über gute und stabile Beziehungen – von oben nach unten und von unten nach oben. Diese Beziehungen im Unternehmen zu stärken und zu gestalten, ist deshalb eine der wichtigsten Aufgaben für Führungskräfte der neuen Generation. Es ist wie in allen anderen Lebensbereichen auch: Ist die Beziehung stabil, kann ich sie im Guten wie im Schlechten belasten, daraus resultiert Vertrauen. Das beginnt bei offenen Türen auf der Vorstandsetage und hört bei gemeinsamen Arbeitsrunden noch längst nicht auf. Verbundenheit innerhalb des Unternehmens ist die Voraussetzung für Vertrauen und Glaubwürdigkeit – und damit für Motivation und Erfolg.
Eberhard Hübbe, Partner beim Beratungsunternehmen goetzpartners und Experte für Leadership
»An dem Tag, an dem die Manager vergessen, dass eine Unternehmung nicht weiter bestehen kann, wenn die Gesellschaft ihre Nützlichkeit nicht mehr empfindet oder ihr Gebaren als unmoralisch betrachtet, wird die Unternehmung zu sterben beginnen.« (Alfred Herrhausen)